Die Künstlerin Rebecca Horn (*1944) schuf die Installation „Raum des verwundeten Affen“ im Rahmen des Ausstellungsprojektes „Die Endlichkeit der Freiheit“, das sich 1990 der Situation Berlins nach dem Mauerfall widmete.

Nach der Ausstellung wurde der „Raum des verwundeten Affen“ vom Land Berlin erworben und der Nationalgalerie überantwortet. 1996 erstmals im gerade eröffneten Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin reinszeniert, ist dieses Schlüsselwerk der Sammlung der Nationalgalerie fest für die Erstpräsentation im Neubau am Kulturforum vorgesehen.

Die Arbeit bildete den ersten Teil der Reihe „IN PREPARATION. Schaurestaurierung für den Neubau der Nationalgalerie am Kulturforum“. Die Reihe wirft einen Blick hinter die Kulissen der Museumsarbeit und konkret auf die Vorbereitungen für den Neubau der Nationalgalerie am Kulturforum. Die Schaurestaurierung fand vom 17.3.2020 bis 25.5.2020 im Kulturforum statt. Wegen der Corona-Pandemie konnte sie jedoch nicht der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Die Reihe IN PREPARATION wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Das historische Kunstwerk

Zur Entstehung des Werkes im Jahr 1990

Die Idee zu einem Projekt, das die Mauer in beiden Stadthälften thematisiert, entwickelte Horn bereits im Jahr 1986 gemeinsam mit dem Schriftsteller Heiner Müller und dem Künstler Jannis Kounellis. Neben Horn und Kounellis nahmen neun international bekannte Künstler/innen im Herbst 1990 an der Ausstellung im öffentlichen Raum in Ost- und West-Berlin teil: Giovanno Anselmo, Barbara Bloom, Christian Boltanski, Hans Haacke, Ilya Kabakov, Via Lewandowsky, Mario Merz, Raffael Rheinsberg und Krzysztof Wodiczko.

Rebecca Horn konzipierte ihre kinetische, bewegte Installation in einem nach Westen zugemauerten Haus in der Stresemannstraße, direkt am „Todesstreifen“ nahe dem Potsdamer Platz. Sie schuf einen mehrdeutigen Erfahrungsraum, der widerstreitende Gefühle zum Thema deutsch-deutsche Teilung und Wiedervereinigung aufruft: Angst und Skepsis, aber auch Energie und Neuanfang. Der Werktitel Raum des verwundeten Affen ist von einem Moment in dem Grimmschen Märchen „Die wunderliche Gasterei“ inspiriert.

Arbeit mit Fundstücken

Typisch für Horns ortsspezifische Installationen sind Fundstücke, die sie mit selbst gebauten, oftmals mechanischen Objekten kombiniert. In der Stresemannstraße fand sie eine Papierschneidemaschine aus den 1920er Jahren, die sie von einem Elektromotor antreiben ließ. An der Decke hingen drei schlangenförmige Kupferdraht-Paare, die durch elektrische Überspannung und Entladung rhythmische Lichtblitze freisetzten. Unter ihnen waren drei Kohlehaufen auf dem Boden platziert, die für Energie, Reibung und Verlust stehen können. Zwei Metronome schlugen in gegenläufigem Takt – sinnbildlich für die unterschiedlichen Landeshälften. Ein Fernglas und zwei runde Wanddurchbrüche lenkten den Blick von Ost nach West.

Erst mit Betreten des Raumes beginnt die Bewegung der Schneidemaschine und der Lichtblitze und -bögen: „Das Publikum wird zum Akteur. Durch ihre Teilnahme und ihre Reaktionen werden die Menschen in die Installation einbezogen“, so die Künstlerin. Die Werkelemente seien „melancholische Darsteller in völliger Einsamkeit“, belebt erst durch das Publikum.

Wie aus einer Schneidemaschine ein kinetisches Kunstwerk wurde

Im Herbst 1990 fand die Ausstellung „Die Endlichkeit der Freiheit“ im Berliner Stadtraum statt. Thema war die Mauer in beiden Stadthälften. Die Idee zu diesem Projekt entwickelte die Künstlerin Rebecca Horn gemeinsam mit dem Schriftsteller Heiner Müller und dem Künstler Jannis Kounellis. Die Installation „Raum des verwundeten Affen“ von Rebecca Horn war das einzige größere Kunstwerk dieser Ausstellung, das in eine Museumssammlung – in die Nationalgalerie – gelangte. 1996 wurde diese kinetische Installation erstmals im Museum reinszeniert, anlässlich der Eröffnung des Hamburger Bahnhofs – Museum für Gegenwart – Berlin. Als symbolischer Kommentar zur deutschen Teilung und Wiedervereinigung ist der „Raum des verwundeten Affen“ für den Neubau am Kulturforum vorgesehen.

Restauratorischer Schulterblick: Raum des verwundeten Affen

Die Installation „Raum des verwundeten Affen“ von Rebecca Horn ist als symbolischer Kommentar zur deutschen Teilung und Wiedervereinigung für den Museumsneubau am Kulturforum vorgesehen. Dafür wurde das Kunstwerk im Frühjahr 2020 für Restaurierungsarbeiten aufgebaut. Die öffentliche Restaurierung von Rebecca Horns Installation „Raum des verwundeten Affen“ am Kulturforum bildete den Auftakt der Reihe IN PREPARATION, mit der die Nationalgalerie Einblicke in die Vorbereitungen für den Neubau am Kulturforum gewährt. 

Schaurestaurierung im Kulturforum

Bei der Restaurierung eines kinetischen Kunstwerks steht die Wiederherstellung der Funktionalität im Vordergrund. Im Zuge des Probeaufbaus des „Raum des verwundeten Affen“ am Kulturforum erarbeiteten Restaurator*innen und Kurator*innen gemeinsam in Abstimmung mit dem Künstlerinnen-Studio eine an den Versionen von 1990 und 1996 orientierte, dritte Version des Werks. Diese ist an die räumlichen Bedingungen des Neubaus am Kulturforum angepasst.  

Die Installation

1) schlangenförmige Kupferelemente mit Transformatoren, die aufgrund von elektrischer Spannung und Entladung Lichtblitze und -bögen entstehen lassen

2) Fernglas 

3) motorbetriebene Papierschneidemaschine 

4) drei Kohlehaufen 

5) selbst konstruiertes Metronom (ein weiteres gegenüber angebracht) 

Zu dem Werk gehören – hier nicht sichtbar – außerdem zwei kreisrunde Öffnungen in der Wand.

Rebecca Horn

Rebecca Horn, 1944 im Odenwald geboren, ist eine der anerkanntesten Künstlerinnen der Gegenwart. Sie arbeitet in fast allen künstlerischen Medien, von der Bildhauerei, Zeichnung und Poesie über Performance, Fotografie und Film bis hin zu ortsbezogenen, kinetischen Installationen. Ihre Werke sind reich an kulturgeschichtlichen, literarischen und religiösen Bezügen. 

Ende der 1960er Jahre galt ihr Interesse zunächst vor allem dem menschlichen Körper und seinem Verhältnis zum Raum. Sie schuf vorzugsweise aus weichen Materialien wie Federn oder Stoff skulpturale Objekte und Masken. Diese betonten ähnlich wie Prothesen bestimmte Körperextremitäten und wurden in filmisch dokumentierten Performances vorgeführt. 

Zunehmend konzipierte sie dann kinetische, mechanisch gesteuerte Skulpturen, die eine Nähe zu menschlichen Empfindungen aufweisen und sich in theatralen Raumkompositionen wie von Zauberhand bewegen. Nicht selten integriert die Künstlerin Materialien der Alchemie wie Quecksilber, Kohlenstaub oder Spiegel in ihre technisch äußerst präzisen Arbeiten. Oft steht ein selbst verfasstes Gedicht am Anfang ihrer Auseinandersetzung mit einem bestimmten Ort – so auch beim Raum des verwundeten Affen.

Rebecca Horn studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg, lebte mehrere Jahre in New York und ist seit 1989 Professorin an der Universität der Künste in Berlin.